Posada: Der fröhliche Tod

Der Tag der Toten bedeutet in Mexiko Feiern, Lachen, Zucker, cempasuchitl (eine orangene Blume ähnlich einer Chrysanthemen), Kerzen, Opfergaben und Totenköpfe. „La Calavera“ (der Totenschädel), Symbol des Todes, findet sich während der „Tage der Toten“ am 1. und 2. November überall in Mexiko. Es ist wichtig, zu betonen, dass die mit dem Tod verbundenen Symbole wie der Schädel und das Skelett zu jeder Zeit in Mexiko gesehen werden können, da sie ein häufiges und charakteristisches Symbol der Kunst des Landes sind.

José Guadalupe Posada, der Maler der „Skelette“, gilt als Vorläufer, Meister und Beispiel der Künstler wie Rivera und Kalho. Um die Arbeit und Wichtigkeit von Posada zu verstehen, muss man in der Zeit zurückgehen und die besondere Konzeption des Todes der Mexikaner in der prähispanischen Epoche kennenlernen. Tatsächlich finden sich in jener Zeit oftmals Schädel und Knochen als Symbol und Rapräsentation dessen, was der Körper nach dem Leben zurücklässt.

José Guadalupe Posada, 1852 in Aguascalients (Nordosten von Mexiko) geboren, ein Landlehrer von Beruf, beginnt 1871 Karikaturen für die Zeitung „El Jicote“ zu zeichnen, bis er mit Zeitschriften wie „El Ahuizote“ oder „Nuevo Siglo“ zusammenarbeitet. Auf Grund einer Überschwemmung begibt sich Posada nach Mexiko-Stadt, wo er eine Arbeitsgruppe gründet, die dem Mexiko des letzten Jahrhunderts eine nationale und folkloristische Produktion von Erzählungen, Liedern, Komödien, Almanachen und Kalendern beschert und die seinen größten Beitrag zur mexikanischen Kunst darstellen: las calaveras. Posada belebt den Tod wieder, kleidet ihn in elegantes Gewand, bringt ihn zu den Festen der Quartiere, auf die Straßen, in die Häuser der Reichen. Er lässt ihn während eines makaber-satirischen Festes Fahrrad fahren. Durch seine Skelette weist der Autor der „Catrina“ auf die Übel, die Misere und die Fehler der Gesellschaft des zu jender Zeit beginnenden Jahrhunderts hin.

La Catrina

Die Catrina

Die Opfergaben, welche in Mexiko für die Monate Oktober und November charakteristisch sind, stellen einen Brauch dar, in welcher die Lebenden den Verstorbenen helfen, den Übergang zum Tod zu durchlaufen. Daher teilen die Mexikaner in diesen Tagen mit ihren Toten zu Hause, auf dem Friedhof und der Straße Essen, Musik, Poesie, Getränke, Zigaretten und vor allem etwas Zeit. In letzter Zeit lassen sich auf den mexikanischen Straßen auch verschiedene Umzüge beobachten, die quasi zu einem Karneval von als Tod verkleideten Personen werden.

Die Totenschädel stellen eine Realität dessen dar, in was wir uns verwandeln werden: Asche und Staub. Das Skelett, ohne Nationalität, ohne Geschlecht, ohne Hautfarbe, ohne Geld und ohne Alter zeigt uns, wie banal diese Unterschiede sind. Und da alles einen Übergang darstellt, warum nicht singen, tanzen und unsere Verstorbenen auf ihrem Weg ein Stück begleiten? Der Tod macht keine Angst, im Gegenteil, er erinnert daran, dass alles vorübergeht, dass alles, was weltlich ist, zuende geht und dass wir alle ein Skelett in uns tragen.

José Guadalupe Posada wurde von Diego Rivera als ein glühender Verfechter des Volkes gesehen. Dieser große Künstler hat mit tiefgehendem Sinn für die Realität, mit großer Originalität und mit durchdringender expressiven Kraft in seinem Land die „Skelette“ wiederbelebt. In den kommenden Tagen wird Mexiko daher an seine Verstorbenen erinnern und gleichzeitig Posada und seinen Totenschädeln gedenken, die sich derzeit als das charakteristischste Element der mexikanischen Folklore erweisen.

(Übersetzung Alexander Hämmerle)

Facebook Comments
(Visited 138 times, 1 visits today)
Nicht verpassen

The Lobster (Frankreich, 2015)

In einer dystopischen Gesellschaft, auch wenn sie nicht weit von der Realität entfernt scheint, werden Singles in ein Hotel mitten im Wald gebracht und dazu überredet, einen neuen Partner in einer Frist von nicht mehr als 45 Tagen zu finden. Andernfalls würden sie in Tiere verwandelt. David (Colin Farrell) ist von seiner Frau verlassen worden und sieht sich gezwungen, die Stadt zu verlassen, um sich in diesem Hotel voller merkwürdiger Personen mit ausgeprägten bis krankhaften emotionalen Störungen einzuquartieren. Yorgos Lanthimos erforscht und kritisiert den gesellschaftlichen Druck, ein Leben als Paar […]

Busan-haeng / Train to Busan (Südkorea, 2016)

Seok Woo (Gong Yoo, Hauptdarsteller in zahlreichen Komödien und Actionfilmen von großem Erfolg in Korea) gibt vor, seine Tochter Soon-an mit ihrer Mutter in Busan zusammenzubringen. Allerdings wird sich niemand vorstellen, in welche Tragödie ihre Fahrt nach Busan sie verwickeln wird. Unerklärliche Gewalttaten passieren in ganz Korea und werden durch die Nachrichten auf den Bildschirmen des Zuges übertragen. Mitten in der Zombie-Apokalypse müssen Vater und Tocher an der Seite von Sang-Hwa (Ma Dong-seok, mein Favorit, Hauptdarsteller des kürzlich erschienenen Films von Kim Ki-duk „One on One“), dessen Frau (Jung Yu-mi), […]

Ein Dorf sieht schwarz (Frankreich, 2016)

„Ein Dorf sieht schwarz“ ist von der Familiengeschichte des Musikers Kamini aus Zaire (die heutige Demokratische Republik Kongo) inspiriert. Er spielt in den siebziger Jahren, Seyolo Zantoko lebt als Migrant aus Kinshasa in Paris, wo er soeben einen Abschluss in Medizin gemacht hat. Am Tag der Abschlussfeier erscheint ein Bauer aus Marly-Gomont, einem kleinen Dorf auf dem französischen Land, welcher einen Arzt sucht, der bereit ist, in seinen abgelegenen Heimatort umzuziehen. Seyolo sieht daraufhin die Möglichkeit, die lang ersehnte französische Staatsbürgerschaft zu erlangen, ebenso wie seine Familie nach Frankreich zu […]