The Lobster (Frankreich, 2015)

In einer dystopischen Gesellschaft, auch wenn sie nicht weit von der Realität entfernt scheint, werden Singles in ein Hotel mitten im Wald gebracht und dazu überredet, einen neuen Partner in einer Frist von nicht mehr als 45 Tagen zu finden. Andernfalls würden sie in Tiere verwandelt. David (Colin Farrell) ist von seiner Frau verlassen worden und sieht sich gezwungen, die Stadt zu verlassen, um sich in diesem Hotel voller merkwürdiger Personen mit ausgeprägten bis krankhaften emotionalen Störungen einzuquartieren.

Yorgos Lanthimos erforscht und kritisiert den gesellschaftlichen Druck, ein Leben als Paar führen zu müssen … Menschen die lügen und manipulieren, denen selbst Namen fehlen (der einzige Namensträger ist der Protagonist), bilden ein desolates Universum, sehnsüchtig einen begehrten Partner zu finden. Nicht um ein Lebensprojekt zu teilen, sondern um zu vermeiden, von seiner „Menschlichkeit“ und einer Möglichkeit, sich in die Gesellschaft zu integrieren, abgeschnitten zu werden. Eine Gesellschaft, die sie in einem Ghetto gelassen hat, welches alles andere als ein Luxushotel darstellt, sondern mehr einen Ort, an dem die „unerwünschten Singles“ isoliert gehalten werden.

Nach einem schrecklichen und schmerzhaften Unfall flieht David und versteckt sich im Wald, wo er eine Gruppe von Dissidenten trifft. Aber auch hier ist er nicht sicher, denn diese Gruppe hat extreme Methoden entwickelt, um das aufrechtzuerhalten, was sie für besser halten und gehen dabei ins entgegengesetzte Extrem. Sie verbieten jedwede Art von Vereinigung (emotional oder sexuell) zwischen den „Singles“, mit dem Risiko im Falle der Missachtung grausamen Bestrafungen unterworfen zu werden. Hier lernt David die Frau mit der Kurzsichtigkeit kennen (Rachel Weisz) und zu der er eine fragile Verbindung eingeht, die einzig auf einem körperlichen Defekt basiert, den beide Teilen: das schlechte Sehen. Vielleicht könnte uns das ebenfalls absurd erscheinen, aber wie viele von uns kennen Paare, die sich nur zusammenfinden, weil sie den gleichen Musikgeschmack teilen … in „(500) Days of Summer“ sagen sie diesbezüglich „Weil einem Mädchen die gleichen seltenen Schweinereien wie Dir gefallen heißt nicht, dass sie deine Seelenverwandte ist.“ Und trotz alledem … viele Leute bestehen auf dem Gegenteil. Der Reiz des Films besteht genau in dieser Kritik an den Formen, in welchen wir uns aktuell in Beziehung setzen, unsere wahren Gründe, die uns an der Seite einer ungeliebten Person verbleiben lassen, die quasi obsessive Sehnsucht danach, auf alle Kosten einen Partner zu finden, inklusive unserer eigenen körperlichen Unversehrtheit.

Ein Film, den man nicht verpassen sollte, nicht nur wegen der attraktiven Rollenbesetzung, sondern wegen der Figuren nicht unweit einer Realität, die uns jeden Tag umgibt.

(Übersetzung Alexander Hämmerle)


Alle zwei Wochen lässt uns in der Rubrik FOTOGRAMAS die mexikanische Videographin Jazmín Camacho an ihrer großen Leidenschaft – dem Kino – teilhaben und schildert aus der Perspektive des Fachs ihre neuesten Eindrücke aus der internationalen Kinoszene.

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